wer hat Angst vor Alibaba? Oder sind es sogar „Ängste“?
Der Wochenausklang an den Börsen sollte ganz im Zeichen des bislang „größten Börsengangs aller Zeiten“ stehen. Dass es sich dabei einmal ausnahmsweise nicht um ein US-Unternehmen, sondern eines aus China handelte- das macht offenbar einigen…
… Angst?
Dabei verdienen die Emissionsbanken (u.a. Goldman Sachs, Credit Suisse, Deutsche Bank, JP Morgan, Morgan Stanley und Citigroup kräftig mit an dieser Emission.) Die vierzig Räuber, vor denen viele Angst haben, sitzen offenbar gar nicht in China, sondern…
Die gigantische Summe, die Alibaba „durch seinen Börsengang einnimmt“, beläuft sich auf unvorstellbare 22 Milliarden USD! Damit bringt der chinesische Internetgigant „aus dem Stand“ nach einem Handelstag 167,6 Milliarden USD auf die Börsenwaage, sprich; Alibaba ist damit mehr wert als z.B. Amazon, die „nur“ ca. 153 Mrd. USD wert sind, aber im Unterschied zu Alibaba ja auch kaum Gewinne schreiben, da sie das Geld, das sie einnehmen, in ihre Expansion investieren, so dass unterm Strich kein Gewinn übrig bleibt. Alibaba setzt insgesamt mehr um als Amazon und Ebay zusammen!- Erschreckend?!
Davor, dass Alibaba sogar Gewinne schreibt (884 Mio. USD Gewinn alleine im ersten Quartal 2014), davor haben offenbar einige der „US-Luftnummern“ große Angst?
Wo kämen wir denn da hin, wenn Unternehmen, die frisches Geld an der Börse einsammeln wollen, (wie u.a. Twitter) auch noch oder bereits hohe Gewinne schreiben? Da muss doch etwas faul sein, im Reich der Mitte?! (Und wer bei der letzten „China-Aktien-Euphorie“ dabei gewesen war, der kann sogar aus eigener Erfahrung leider bestätigen, dass in den Bilanzen der Chinesen so einiges faul gewesen war… wenn man denn überhaupt einen Einblick in die Bilanzen nehmen konnte, sind diese doch durch den chinesischen Staat vor den Einblicken aus dem Ausland „geschützt“. Offenbar findet diesbezüglich das Urheberrecht seine Anwendung, wenn man denn überhaupt von „Rechten“ sprechen kann, die es in China so gibt …?? Zudem gab der Gründer von Alibaba offen zu, dass er „sensible Daten“ an die chinesische Regierung weitergegen würde, wenn jene „danach verlangen würde“. Das macht einigen in den USA wohl große Angst; welches US-Unternehmen würde es schon offen zugeben, dass es „kooperiert“, wenn es um die Herausgabe von Daten oder die Einhaltung des Datenschutzes geht?- Und muss es dann doch tun, schließlich gibt es Gesetze wie den Patriot Act, der jedes US-Unternehmen zur Lieferung aller Daten verpflichtet, die angeblich für die Sicherheit des Landes wichtig sind. Doch wenn die Regierenden in Peking etwas erfahren wollen… )
Weitere Unwägbarkeiten, was Alibaba angeht, wurden den Investoren im Vorfeld des Börsengangs im Sekundentakt aufs Brot geschmiert:
Da sind die „völlig undurchsichtigen Besitzverhältnisse, die „Allmacht“ des Gründers, Jack Ma, die Notierung auf den Cayman Inseln über eine „Art Holding“ (was die SEC als „problematisch“ definieren könnte), der Fakt, dass Alibaba-Aktionäre kein Mitspracherecht erhalten sollen, die Regierung in Peking einen großen Einfluss auf das Unternehmen ausüben usw.
Übersehen wird dabei gerne, dass u.a. auch Google-Aktionäre ebenso kaum Mitsprache üben dürfen, was die Belange des „das Internet beherrschenden Unternehmens“ angeht: Google hat bekanntlich zuletzt zwei Aktiengattungen „an die Börse gebracht“… Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin halten zusammen mehr als 50 Prozent der Stimmrechte und degradieren einen Teil ihrer Aktionäre zu Anteilsbesitzern dritter Klasse (ohne Stimmrecht).
Die völlig zu Recht geforderte „Transparenz eines Unternehmens“ sieht für mich irgendwie anders aus…
(Von Google wurde der Aktienmarkt mit A-Aktien, B-Aktien und nun sogar C-Aktien erobert. Wer weiß, vielleicht kommen demnächst noch die D-Aktien- „D“ für „Dummy“? Ob sich die Guys an der Wall Street daran stören würden?…)
… Doch es ist von jeher eben so, dass an der Wall Street mit zweierlei Maß gemessen wird:
Das, was Wall Street den US-Unternehmen „locker durchgehen lässt“, das dürfen sich „die anderen aus dem Ausland“- und noch dazu die aus China- um Himmels Willen nicht leisten…
Die Investoren haben sich von den zahlreichen Warnungen im Vorfeld des Alibaba-IPOs offenbar wenig beeindrucken lassen:
Die Aktie von Alibaba wurde den „Zeichnern“ zu 68 USD zugeteilt, der Eröffnungskurs lag bereits bei 92,70 USD und der Schlusskurs bei 93,89 USD. Kurz: Es hat mehr Käufer als Verkäufer gegeben. Oder: Es herrschte Euphorie (die immer ein Warnsignal darstellt!).
Damit hat jeder, der die Aktie gezeichnet- und das Glück hatte, welche zugeteilt zu bekommen, „aus dem Stand“ einen Tagesgewinn von mehr als 38% erzielt!
Und das, obwohl es- anders als bei bisherigen Börsengängen- keine „Lock-up-Frist“ gibt, also das Verbot, dass „Altaktionäre“ sofort nach dem IPO ihre Aktien über die Börse oder außerbörslich verkaufen dürfen, was den Aktienkurs einbrechen lassen könnte. Nicht zu vergessen: Yahoo als einer der größten Anteilseigner wird sicherlich massiv Alibaba-Aktien verkaufen, um mit dem Erlös das eigene Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen.
Vielleicht geht ja ein Teil des Hypes auf die Medien-Präsenz des Alibaba-Gründers Jack Ma zurück, der sogar ein Interview für CNBC zur „besten Sendezeit“, zur Börseneröffnung in New York, gegeben hat. Einen „Furcht einflößenden“ Eindruck machte Ma auf mich in diesem Interview jedenfalls nicht und „der Typ hat Humor“, dachte ich mir, „den andere vermissen lassen“:
Als Jack Ma auf die Frage nach einem Vorbild, einem Helden antwortete, dass er sich den Film „Forrest Gump“ jedes Mal ansieht, wenn der frustriert sei und Forrest sein Held!- da müssen sich einige der weltfremdesten Wall-Street-Guys wohl sehr erschrocken haben??
Mit allem dürften sie gerechnet haben…, aber ausgerechnet Forrest Gump!
„Stupid is as stupid does!“ (“Dumm ist, wer Dummes tut.“ Oder besser: „Nur wer Dummes tut, ist auch wirklich dumm.“)
Forrests Leitspruch könnte für die Irrationalität des Börsengeschehens stehen und wie man diese als Anleger überleben kann, so wie Forrest den Vietnam-Krieg und alles, was man ihm im Verlauf seines Lebens so in den Weg gelegt hat…
Doch wer „Dummes“ tut, erntet an der Börse, oft die größten Gewinne!? Aber wer gibt das schon offen zu? Und wenn sprichwörtlich der „dümmste Bauer an der Börse die größten Gewinne einfährt“, wer benötigt dann noch die täglichen „Rund-um-die-Uhr-Börsenberichte“ und die Gesprächsrunden auf CNBC?
(„Diese Ohrfeige hat gesessen“, dachte ich und: „Na ja, kurzfristig kann tatsächlich Jeder an der Börse- ohne lange nachzudenken- hohe Casino-Gewinne einstreichen. Wer langfristig im Börsendschungel überleben möchte, der sollte vielleicht doch ab und zu reflektieren, analysieren- und schließlich INVESTIEREN anstatt zu spekulieren und gelegentlich, dann, wenn Miss Börse wieder einmal „völlig durchdreht“ wie 2008/09- wie Forrest- instinktiv, aus dem Gefühl heraus, das „Richtige“ tun, also kaufen, wenn ALLE verkaufen wollen.
Für mich, da glaube ich Ma gut zu verstehen, besitzt Forrest Gump (den einige „bei uns im realen Leben“ wohl als „geistig behindert“ abstempeln würden) ein „höheres Maß an emotionaler Intelligenz“ als viele der in unseren Augen „Intelligenten“??
Zumindest an der Börse (aber nicht nur dort) kann einem „emotionale Intelligenz“ sehr von Nutzen sein, denke ich. Doch wir stopfen unsere Abiturienten lediglich mit Wissensbergen voll… Jack Ma dürfte das- als ehemaliger Lehrer- ähnlich sehen und appellierte an die Zuschauer von CNBC, „ihre Träume nicht aufzugeben“.
Wie Forrest, ist auch er immer wieder aufgestanden… Sein Traum sei der, dass sein Unternehmen Alibaba eines nicht allzu fernen Tages größer als der US-Gigant Walmart sein soll… Bei alledem möchte er aber „kleineren Unternehmen“ eine Plattform für deren Geschäftserfolg zur Verfügung stellen. Den Kleinen helfen und dabei immer größer werden. Diese Vision Jack Mas dürfte nicht im Interesse „aller Minderheiten“ liegen…
… und einigen sogar ANGST machen. In diesem Licht betrachtet erscheinen mir die Warnungen vor (der Aktie von) Alibaba fast wie die besorgter Eltern, die ihren dreijährigen Sprösslingen täglich eintrichtern: „Lauf nicht weg und geh nicht in den Wald! Dort sind die Räuber…!)
Kassiert Alibaba wirklich nur gnadenlos ab?
Oder sitzen die vierzig Räuber womöglich doch wo anders?
Nun, gelesen habe ich, dass allein die Credit Suisse „mehr als 100 Millionen USD am Börsengang von Alibaba verdienen könnte“ (an den Gebühren für den Börsengang und einem möglichen Gewinn aus einer Wandelanleihe, die man von Alibaba gekauft hatte).
Am Ende bleibt die Angst mit den Gedanken im Hinterkopf, dass die „bisher größten Börsengänge aller Zeiten“ oft den Höhepunkt einer Börseneuphorie markiert haben und dass es oft nach derart gigantischen Börsengängen zu einem Crash des Aktienmarkts gekommen war und/oder sich ein mehrjähriger „Bärenmarkt“ anschließen sollte.
In Erinnerung ist mir u.a. das bis dahin „größte IPO“ von Visa im Jahr 2008. Was folgte ebenso…
(… aber auch, dass die Aktie von Visa längst neue Höchstkurse markiert hat und weiterhin einer unsere Favoriten bleibt.)
Ob es „diesmal“ so kommen wird, das können wir nicht vorhersehen, fest steht nur, dass die zahlreichen Neuemissionen sehr viel Liquidität aufsaugen und dass dieses Geld nicht in die Aktien der „etablierten börsennotierten Unternehmen“ fließt. Aber vielleicht ist das schon wieder positiv zu werten, könnte doch auf diese Weise die Ausbildung einer gigantischen neuen Aktienblase verhindert werden??
„Stupid is as stupid does!“- Alibaba-Aktien kaufen oder besser in unsere ausgewählten Aktien investieren? Das muss JEDER für sich SELBST entscheiden. Die Chancen sind gigantisch, die Risiken hoch.