Misslungener Jahresstart an den Börsen: Kommt nun der große Crash?

Den “guten Rutsch” hatte ich mir als Börsianer- als einen der üblichen Wünsche nach Weihnachten- schlichtweg verkniffen. Helfen sollte es hingegen nichts: Der Jahresauftakt 2016 war an den Börsen der schlechteste- seitdem es den Dow Jones Industrial Average Index gibt- und der „Dow“ existiert immerhin seit Mai 1896! Mit anderen Worten: Noch nie haben Anleger „so etwas wie in dieser Woche“ gleich zum Jahresbeginn an den Börsen erlebt! „Normalerweise“ startet man doch erst einmal mit ein wenig Optimismus in ein neues Jahr!?

Liegt nun die „schlimmste Börsen-Krise aller Zeiten“ vor uns oder eine „Life-time-Opportunity“ (also eine einmalige Chance, die „besten der besten Werte“ demnächst zu Ausverkaufspreisen einzusammeln)??

Nun, ich denke, die Antwort ist wohl auch diesmal „irgendwo in der Mitte dieser beiden Extreme“ zu suchen. Nach wie vor bekenne ich mich dazu, „farbenblind“ zu sein, also weder zu den Dauer-Optimisten zu gehören, die das Börsengeschehen und die unendlichen Chancen an den Märkten in rosaroten Farben malen, noch bin ich einer der Schwarzmaler und Dauer-Crash-Propheten“…

„Same procedure as every year!“, würde auf den Jahresauftakt 2016 wie auf den von 2015 passen; schließlich hatten wir ähnliche Turbulenzen genau vor einem Jahr an den Finanzmärkten erlebt. (Denken Sie an die Schockwellen, die die Schweizer Nationalbank vor einem Jahr rund um den Globus aussendete, als sie vor den Kapitalmärkten kapitulierte und ihre „Politik der Schwächung des Frankens“ für viele Marktteilnehmer völlig unerwartet aufgeben sollte.)

Mitte Januar letzten Jahres sollte dann ungeachtet aller möglichen Gefahren eine „Extrem- Rallye“ starten, die den DAX innerhalb von lediglich drei Monaten von 9.500 auf 12.000 Punkte nach oben katapultierte! … Die ausgelassene Stimmung führte schließlich dazu, dass viele Privatanleger eingestiegen sind- in Aktien! (Vom „Tag der Aktie“ hatte ich Ihnen berichtet und mein „ungutes Gefühl“ zum Ausdruck gebracht…)

Könnte es 2016 wie 2015 laufen; schließlich möchte die EZB am 21. Januar tagen und die „China-Turbulenzen“ dürften sogar in ihrem neuen, viel zu hohen und gut gedämmten „EZB-Elfenbein-Protz-Turm“- wenn auch ein wenig leise aus der Ferne zu hören sein?!… Dieser Spekulation steht gegenüber, dass die Kurse nach dieser negativen Woche nun bereits derart stark ins Trudeln geraten sind, dass kurzfristig sogar weitere Kursverluste zu befürchten sind… Und wenn eine Lawine erst einmal ins Rutschen gekommen ist, dann gibt es im ETF-Zeitalter womöglich kein Halten mehr, siehe den „August-Crash 2015“.

Was hat nun die Turbulenzen der vergangenen Börsenwoche ausgelöst?

Nun, ich hatte Ihnen bereits in meinem Update darüber berichtet, dass es ein Gemisch negativer Nachrichten gewesen ist, allen voran war es erneut ein Crash an den Börsen in China, der die Turbulenzen ausgelöst hat:

In China hat man eine Regel eingeführt, wonach der Börsenhandel an der Börse in Shanghai nach einem Tagesverlust von 7% für den „Rest des Handelstages“ eingestellt wird. Man kann sich an seinen zehn Fingern abzählen, dass diese zur „Beruhigung der Panik-Anfälle chinesischer Spekulanten“ gedachte Regel das genaue Gegenteil bewirkt und zum „Brandbeschleuniger“ wird:

Ich stelle mir vor, dass ein Spekulant realisiert, dass der Index bereits 4,9% im Minus notiert und seine Stopp-Kurse gerade gerissen worden sind. Also wird er schnell noch verkaufen wollen, schließlich könnte in einigen Minuten an der Börse „nichts mehr gehen“ und die Kurse bis zur Handelseröffnung am darauf folgenden Tag weiter abgerutscht sein. Die Panik wird durch diese (sinnfreie?!) Regel also eher geschürt als vermieden?!…

(Nun, mein „Zitat der Woche“ aus meiner letzten Wochenübersicht von André Kostolany passt wie die Faust aufs Auge: „Eine Börse wäre keine Börse, wenn nicht viele Narren ihr Unheil dort treiben würden“.)

Angeblich überlege man in China, diese 7%-Regel schon wieder auszusetzen, das wäre dann die Aussetzung der Aussetzung… Meine Meinung: Die Beibehaltung der „sinnfreien Regel“ würde die Panik schüren, was letztlich sogar positiv wäre: Haben die Spekulanten erst einmal alle verkauft, dann kann sich der Markt wieder beruhigen (Kostolany sinngemäß: Im Crash gehen die Papiere aus den Händen der Zittrigen in die Hände der Hartgesottenen über. Sie werden dann von den Hartgesottenen erst zu deutlich höheren Kursen wieder an die Zittrigen verkauft werden…)

„Stupid is as stupid does!“, pflegte Forrest Gump stets zu sagen. Leider kann man das nicht 1:1 auf die Börse übertragen, hier müssen wir damit rechnen, dass die Panik immer wieder das Ruder übernimmt, vor der wir uns so gut es geht „schützen“ müssen- auch wenn sich dieses Handeln im Nachhinein nicht als „Verlust-Begrenzung“, sondern wieder einmal als „Gewinnvermeidung“ herausstellen sollte. Und Kostolany bezog sich auf Aktien und nicht auf „Hebelpapiere“…

Wir können nicht berechnen, wohin eine wilde Horde wildgewordener Spekulanten die Kurse noch treiben wird! Und das gilt schließlich für jeden Aufwärts-Trend als auch für Abwärts-Trends…

Nach fast sieben Jahren steigender Kurse scheint das Aufwärtspotenzial nun erst einmal erschöpft zu sein?! Ginge es jetzt mit den Kursen weiter aufwärts wie bisher, müssten wir von einer „Notenbank-Blase“ sprechen, ist doch ein großer Teil der Kursgewinne auf das billige Geld zurückzuführen, das ebenfalls in die Aktienmärkte geflossen ist und diese nach oben getrieben hat.

Hinzu kommt die Tatsache, dass die US-Notenbank jetzt, da sie die Zinsen senken müsste, diese erhöhen will. Der große Fehler der Fed besteht meiner Meinung nach darin, dass die das schon vor zwei Jahren hätte tun sollen…

 China schwächelt, die US-Wirtschaft wächst ebenfalls weniger dynamisch als in den letzten Jahren und nach Russland darf man nichts mehr exportieren, weil es die gerade Regierenden so bestimmt haben. Viele Rohstoffe exportierende Staaten leiden zudem unter den niedrigen Rohstoff-Preisen- Öl gestern auf neuem 11-Jahres-Tief!!. Jede Medaille hat eben zwei Seiten und hohe Rohstoff-Preise ermöglichen es diesen Ländern, mehr Waren aus den USA oder aus Europa zu importieren

Woher sollte also das Wachstum kommen, das die hohen Kurse rechtfertigt? (Konsumaktien bewegen sich auf historischen Höchstbewertungen und vermeintlich „billige“ Aktien will verständlicherweise auch niemand haben.)

All das stellt ein hochexplosives Gemisch dar. (Jedes Problem für sich allein betrachtet ist wohl weniger kritisch, alle zusammen jedoch schon?!) Vom Euro auf dem Weg zu einer Weichwährung wie einst der italienischen Lira oder dem möglichen Zerfall der EU (sollte Großbritannien die EU verlassen?) ganz zu schweigen. Da muss man noch nicht einmal an die Gefahren denken, die uns zuletzt durch die Anschläge in Paris wieder einmal bewusst geworden sind. Die „politische Großwetterlage“ (Saudi-Arabien-Irak, Syrien, Flüchtlings-Krise, Nordkorea usw.) ist ebenfalls hochbrisant.

Fazit: In einem derart komplizierten Umfeld ist es nicht der schlechteste Rat, dass man seine Füße zumindest in seinen „Langfrist- oder Dividendendepots“ still hält, sich jedoch von Optionsscheinen usw. vorübergehend trennt, um die möglichen unaufholbaren Verluste zu verringern.

 Im Anschluss kann man dem munteren Treiben von der Seitenlinie aus zusehen, um möglichst wenig zu handeln, da jedes Handeln in einem feindlichen Umfeld mit großen Gefahren verbunden ist….

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